Jeder ist seine eigene Insel

PT-Workshop mit dem ehemaligen Football-Profi Volker Schenk

Das PT Niederbayern traf sich für zwei Tage in Regen für ein neues Treffen des Kompetenzteams Niederbayern. Auch dieses Mal hatte Rainer S. Kirschner, 2. Bezirksvorsitzender des BLLV Niederbayern, die Veranstaltung wieder hochkarätig besetzt. Referent Volker Schenk schrieb Sportgeschichte als jüngster Football-Profi Deutschlands bei der Frankfurt Galaxy in der NFL Europe. Heute ist er den meisten NFL-Fans als Moderator bei Ran NFL bekannt. Zudem arbeitet er als Mentalcoach und Keynote Speaker. Mit dem Thema „Grenzen existieren nur im Kopf“ stand der Workshop ganz im Fokus der Auseinandersetzung mit unserer Gesellschaft und Schulsystem und unserer Rolle darin.

Bereits im Vorfeld hatten die Teilnehmer über Fragebögen und kurze Videoclips von Schenk erste Reflexionen über sich selbst vorgenommen und ein wenig in die Thematik hineingeschnuppert. Am Freitagnachmittag starteten dann alle Teilnehmer motiviert in das neue Seminar. Zentraler Aspekt dabei war für Schenk die Tatsache, dass jeder Mensch seine eigene Insel ist. Eine Insel, die in ihrer Form durch andere Inseln (Faktoren oder Menschen) beeinflusst wird. Dies, so der Referent, könne man nur bedingt beeinflussen. Wie es aber auf unserer Insel aussieht, liege völlig in unserer Hand. Es sei entscheidend, sich klar zu machen, dass man nie alle Außenfaktoren im Leben kontrollieren könne, dies zu versuchen wäre nicht nur sinnlos, sondern auch schädlich. Man könne aber immer an seinen Reaktionen darauf arbeiten. Eben seine eigene Insel gestalten. 

Ein wesentlicher Aspekt des Wochenendes war die Sprache. Zu oft verwendet man im Deutschen negative Sprachbilder, die uns einschränken und in unserer Entwicklung hemmen. Statt dem ständigen „ich muss“ und „aber“ sollte man stattdessen die Kommunikation auf „ich möchte“ sowie „und“ ändern. Denn wenn unsere Gedanken, also die Kommunikation nach innen im Konflikt zu unserer Kommunikation nach außen stehen, kommt es durch diesen inhärenten Gegensatz zu einem Kraftverlust. „Daher ist es wichtig, seine eigene Kommunikation zu reflektieren und positiver zu gestalten.“ Was jetzt hier in gedruckter Form ganz logisch und einfach erscheint, ist leider im Alltag für die meisten nur schwer umzusetzen. Sich hier selbst offen zu reflektieren, brachte vielen Teilnehmern überraschende Erkenntnisse, sowohl darüber, welche Worte oder Formulierungen in einem sofort eine negative Reaktion auslösen, wie auch die Tatsache, dass man meist negativ kommuniziert. Grundlegender Baustein dieses Workshops war es deshalb, bei jedem Themenbereich sich nicht nur selbst zu reflektieren, sondern zugleich auch lösungsorientiere Ideen zu notieren, wie man diese Dinge mit einfachen Schritten umgehend verbessern kann.

Auch beim Thema Selbstbild zeigte der Referent geschickt auf, dass die meisten Menschen in einem Konflikt zwischen dem inneren und dem äußeren Selbstbild leben. Dies führt zu mangelnder Klarheit in unseren Handlungen und großer innerer Unruhe. Nur wer über innere Klarheit verfügt, könne sich, so Schenk, aus schwierigen Situationen bewusst herausnehmen. Hierfür sei es notwendig, sich nicht nur seiner Stärken, sondern auch Schwächen bewusst zu sein, um dann die in den vermeintlichen Schwächen liegenden Stärken zu finden.

Nach einem geselligen Freitagabend mit Diskussion über die NFL und andere Sportarten ging es am Samstagmorgen erholt weiter. Ein weiterer Themenbereich war z.B. der Bereich der Erwartungen. Hier war ein entscheidender Grundsatz, dass man nur sein eigenes Verhalten (seine eigene Insel) kontrollieren kann und nicht das seiner Mitmenschen. Nur wer sich aus Situationen herausnehmen könne und im „grünen Bereich“ sei, könne auch realistische Erwartungen an seine Umwelt formulieren. Wer selbst unzufrieden sei, werde Erwartungen an die Umwelt stellen, die diese nicht erfüllen könne. Entscheidend, so Schenk, sei es also seine Erwartungen zu ändern, damit sie einen nicht weiter belasten, sondern einem helfen, in einen ruhigen „grünen Bereich“ zu kommen.

Auch der Themenbereich der Gefühle und Bedürfnisse wurde komplex diskutiert und erarbeitet. Lösungsstrategien und Umsetzungsweisen im Lehreralltag wurden gemeinsam erarbeitet. Dafür, so Schenk, müsse jeder Verantwortung übernehmen. Ebenso für seine Handlungen und seine eigene „Story“, die beeinflusst, wie man agiert, reagiert und interpretiert. Sich selbst in die Verantwortung zu nehmen und zu reflektieren, wie man die Dinge im Leben durch die eigene Lebensgeschichte filtert und interpretiert, war ein für alle Teilnehmer spannender Aspekt. Einfach einen Schritt zurücktreten und die eigenen Reaktionen auf Dinge im Kontext der eigenen Lebensgeschichte kritisch zu reflektieren, brachte einige Überraschungen und viele neue Erkenntnisse.

Angesprochen wurde auch der Umgang mit Zeit bzw. der Mangel an Zeit. Im Schulalltag ein Dauerthema. Laut Schenk sei es aber wichtig, sich bewusst zu machen, dass wir alle nur im Hier und Jetzt tatsächlich leben können. Wer sein Leben ständig mit der Planung der Zukunft verbringe, lebe nicht. „Jeder ist selbst für seine Lebensqualität im Hier und Jetzt verantwortlich.“

Schenk machte den Teilnehmern deutlich: Hinter all unseren Entscheidungen und Handlungen stünden Werte und das individuelle Warum, das jeden antreibt. Wem dies klar sei, könne auch erkennen, welche Person man eigentlich sein möchte oder wie die eigene Insel aussehen sollte - und nur dann könne man auch daran arbeiten. Grundlage dafür sei Selbstliebe. Nachdem alle Teilnehmer offen ihre größten Schwächen diskutiert und lamentiert hatten, stellte Schenk mit der einfachen Frage: „Würdest du mit deinen eigenen Kindern/deinen Schülern so sprechen, wie du gerade über dich selbst/mit dir selbst gesprochen hast?“ so manche Weltsicht und Selbstsicht gewaltig auf den Kopf.  

Es war ein Wochenende der offenen Diskussionen und Selbstreflektion, das allen Teilnehmern deutlich machte, dass auch, wenn man die Außenwelt nicht kontrollieren kann, man unglaublich viele Dinge im Leben kontrollieren und steuern kann.

 

Monika Faltermeier