BLLV-Bezirksvorstand hat acht Fragen zusammengestellt und die Parteien um eine Stellungnahme gebeten. Was CSU, Freie Wähler, die Grünen und die SPD geantwortet haben, finden Sie in der aktuellen Ausgabe der Niederbayernischen Schule Nr. 5. Die Antworten der FDP lagen bei Redaktionsschluss nicht vor, dehalb können sie hier online nachgelesen werden:
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Lehrermangel: Derzeit versucht man sich mit der Einstellung von Quereinsteigern und Abwerbung von Lehrkräften aus anderen Bundesländern zu retten, was das Problem de facto nur verschiebt. Wie aber wollen sie dem Lehrermangel nachhaltig entgegenwirken?
Die Arbeit von Lehrkräften verdient mehr Beachtung. Der Einstieg ins Lehramt und den Vorbereitungsdienst erfolgt grundsätzlich nur über den Weg des Staatsexamens. Für mehr Laufbahnfreiheit streben wir eine Studienreform hin zu einem Bachelor-Master-System an. Dazu wollen wir den Quereinstieg in den Lehrerberuf mit Hilfe umfassender pädagogischer Fortbildung erleichtern. In der späteren Lehrerlaufbahn haben es motivierte Lehrkräfte wiederum erst einmal schwer, für ihre Leistungen Anerkennung zu bekommen und schneller aufzusteigen. Deshalb müssen Aufstiegschancen und die leistungsbezogene Bezahlung von Lehrkräften deutlich ausgebaut werden.
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Der Lehrberuf muss attraktiver werden: Wie wollen Sie das kurz- , mittel - und langfristig erreichen? Welche Maßnahmen ergreift Ihre Partei, den Lehrberuf gezielt in Niederbayern attraktiver zu machen? Welche Rolle spielt dabei die Universität Passau, um den Lehrermangel entgegenzuwirken?
Kurzfristig wollen wir z.B. den Quereinstieg in den Lehrerberuf mit Hilfe umfassender pädagogischer Fortbildung erleichtern. Dazu brauchen mehr mobile und integrierte Lehrerreserven, um kurzfristig auf Ausfälle reagieren zu können. Mittelfristig kann z.B. die Universität Passau mit Parcours-Angebot die Berufsorientierung vor dem Einstieg ins Lehrerstudium ermöglichen. Solche Angebote können die Abbrecherquoten reduzieren. Langfristig brauchen Schulen mehr Freiheit, um individuelle Lösungen und neue Ideen zu entwickeln. Außerdem fordern wir, dass die leistungsbezogene Bezahlung von Lehrkräften deutlich ausgebaut werden.
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Wie soll die Lehrerausbildung im Hinblick auf die Herausforderungen der Zukunft reformiert werden? Was plant Ihre Partei diesbezüglich an der Universität Passau?
Wir fordern die Umstellung des Lehramtsstudiums an allen Universitäten auf das Bachelor-Master-System. Der Einstieg in einen Pädagogik-Master nach einem Fachbachelor soll dann ebenso möglich sein wie Lehramtsstudiengänge, die einen schulartübergreifenden Pädagogik-Bachelor mit der späteren Vertiefung in Fächer und Schulformen im Master verbinden. Welches Angebot einzelne Universitäten, wie die Uni Passau, bevorzugen oder sie beide Formen darstellen können, liegt in ihrer wissenschaftlichen Freiheit.
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Einstellung und Versetzung von Lehrkräften erfolgen nach sozialen Kriterien (Anzahl der Kinder, Familienstand). Welche Perspektive gibt Ihre Partei denjenigen, die diese sozialen Kriterien nicht erfüllen können/wollen, aber dennoch im Heimat- oder Wunschlandkreis als Lehrkraft tätig sein wollen?
Wunschschule und Wunschlehrer sollen sich in Zukunft frei finden können. Die Arbeit von Lehrkräften verdient mehr Beachtung. Anstelle einer bayernweiten Lehrerzuteilung nach Examensnote und zu strengen Sozialkriterien sollen alle Schulen das zu ihnen passende Lehrpersonal selbst zusammenstellen können. Direkte Bewerbungen sollen die Regel werden.
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Der BLLV hat bereits vor Jahren das Konzept der Regionalen Schulentwicklung vorgestellt, um z. B. gerade in ländlich strukturierten Gebieten den Erhalt auch kleiner Schulstandorte zu ermöglichen. Wie stehen Sie zum Erhalt kleiner Schulstandorte, z. B. im Bayerischen Wald?
Gerade in ländlichen Räumen ist es notwendig, dass wohnortnahe Schulen erhalten bleiben. Im Rahmen einer Finanzierung mit Bildungsgutscheinen wollen wir die nötige Flexibilität für innovative und bedarfsorientierte Lösungen bieten. Mit Strukturzuschlägen
ermöglichen wir weiter ausreichend Angebote in dünner besiedelten Regionen. Aus liberaler Sicht sollte die jeweilige Wunschschule aber grundsätzlich frei wählbar sein. Das rückt die Steigerung der Bildungsqualität in den Mittelpunkt. Gerade bei Grundschulen wollen wir so weiter nach dem Grundsatz „kurze Wege für kurze Beine“ die vorrangige Zugangsmöglichkeit zu einer wohnortnahen Schule sicherstellen.
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Ab 2026 tritt stufenweise ein gesetzlicher Anspruch auf Ganztagesbetreuung in Kraft. Wie wollen Sie es schaffen, diesen gesetzlichen Anspruch pädagogisch sinnvoll zu füllen, ohne die Zeit nach dem klassischen Schulunterricht zu einer reinen „Aufbewahrungszeit“ für Kinder werden zu lassen?
Wir fordern einen bayerischen Rechtsanspruch auf ein hochwertiges Ganztagsangebot bis zur sechsten Klasse mit kindgerechten und individuellen Bildungsangeboten. Dazu gehört zum Beispiel die verstärkte Einbindung von Vereinen. Die Ganztagsbildung ist aber eine schulische Aufgabe, für die der Freistaat verantwortlich ist. Dementsprechend soll die Finanzierung zusammengeführt werden. Nötig ist eine große Personaloffensive mit Verbesserungen sowohl bei der pädagogischen Ausbildung als auch bei der Arbeitsplatzattraktivität.
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Die Beschulung von Schülern im Asylbewerberstatus hat das Bildungssystem seit 2015 gefordert. Mit der Ankunft geflüchteter Kinder aus der Ukraine stehen unsere Schulen kurz vor dem Kollaps. Es fehlt an Personal, an Räumlichkeiten, die Infrastruktur ist z.T. marode. Wie wollen Sie hier gegensteuern?
Die Problematik von Personal- und Raummangel, sowie der Sanierungsstau an Bayerns Schulen mit knapp 1,7 Millionen Schülerinnen und Schülern wurde nicht erst durch etwa 30.000 Ukrainer hervorgerufen, sondern ist ein strukturelles Problem, das mit einem attraktiverem Lehramt und einer verlässlichen Schulfinanzierung mit Budgethoheit für einzelne Schulen statt bürokratischer Förderprogramme am besten gelöst werden kann. Hierzu haben wir Liberale ein ausführliches Konzept vorgelegt.
Ebenso braucht es umfassende Reformen der Beschulungsangebote für ukrainische Schüler. Wir wollen die Brückenklassen in reguläre Integrationsangebote überführen, da sie aktuell durch die Separierung gerade im Spracherwerb eher hemmen als fördern. Für die Angebote an Grundschulen braucht es über Gewichtungsfaktoren in der Schulfinanzierung für Kinder mit Migrationshintergrund ausreichend Ressourcen für individuelle Förderangebote.
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Ist angedacht, Funktionsinhaber (Schulleiter, Schulämter) zukünftig rechtlich zu beraten und zu vertreten, um sie gegen Elternanzeigen (wie dies gehäuft in Corona-Zeiten aufgetreten ist) zu schützen?
Uns ist wichtig, dass die Funktionsträger im Falle einer Anzeige die notwendige rechtliche Beratung und Vertretung erhalten. Wie diese Beratung konkret organisiert wird, hängt davon ab, wie häufig derartige Fälle auftreten und ob die Sachverhalte vergleichbar sind oder auf jeden individuell reagiert werden muss. Dazu liegen uns derzeit keine Zahlen vor, anhand derer dies geprüft werden kann.